Medikamentöse Einstellung bei AD(H)S

Medikamentöse Einstellung bei ADS/ADHS Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom mit oder ohne Hyperaktivität – JA ODER NEIN?

Eine medikamentöse Behandlung benötigen nicht alle Kinder mit einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom. Wenn Ihr Kind aber aufgrund ärztlicher Verschreibung mit Medikamenten versorgt wird, hängt der Erfolg entscheidend von einer fachgerechten Einstellung ab.

Manche Kinder oder Jugendliche mit AD(H)S können sich aus eigener Kraft oder eigenem Antrieb selbst nicht ausreichend regulieren oder ihr Leistungspotenzial nicht entfalten. Es kann auch zu ungünstigen impulsiven Handlungen kommen, die nach genauerer Überlegung nie durchgeführt worden wären.

Das eigenverantwortliche Handeln kann bei einer AD(H)S so gehemmt sein, dass scheinbar einfachste Anforderungen nicht bewältigt oder schlicht vergessen werden, eine angemessene Eigen- und Fremdwahrnehmung kaum entwickelt wird. In solchen Fällen wird eine Aufmerksamkeitsstörung gerne mit einer Lernbehinderung verwechselt, obwohl Kinder mit AD(H) nicht selten über eine höhere Intelligenz verfügen.

Gerade deshalb leiden Kinder unter der Tatsache, dass sie zwar wahrnehmen, dass sie weniger leistungsfähig sind als andere Kinder aber aus eigener Sicht auch nichts dagegen tun können. Es entsteht ein enormer Druck im Schulalltag, was wiederum zu einer Steigerung der motorischen Unruhe, Impulsivität und zu störenden Handlungen führen kann. Die Schullaufbahn kann dadurch negativ beeinflusst und das Kind in ein falsches Licht gerückt werden.

Es soll hier erwähnt werden, dass die Gesellschaft die Verpflichtung hätte, sich auf ihre Kinder mit einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom einzustellen, dies aber gegenwärtig aus unserer Sicht nicht ausreichend geschieht, und von Fall zu Fall auch nicht oder kaum möglich ist.

Soweit ein emotionaler Schaden für ein Kind droht und das Kind täglich massiven Stressoren ausgesetzt ist, kann eine medikamentöse Unterstützung eine wichtige und manchmal die einzig wirksame Hilfe sein, betroffene Kinder vor täglicher Frustration zu schützen und das Familienleben zu befrieden.

Abhilfe zu schaffen ausschließlich über Ernährung und/oder z.B. Neurofeedbacktraining ist für besondere Teilgruppen weniger stark Betroffener aus unserer Erfahrung möglich. Ein unterstützendes und begleitendes Verhaltenstraining durch spezialisierte Therapeuten für Kind und Bezugspersonen scheint aus unserer Sicht mit oder ohne Medikation elementar wichtig.

Therapie vor Medikamenten

Nicht alle betroffenen Kinder benötigen medikamentöse Behandlung bei einem AD(H)S. Mit einem gezielten Verhaltenstraining durch spezialisierte Therapeuten lässt sich dann eine deutliche Erleichterung für die Betroffenen und ihre Familien erreichen.

Stellen sich trotz einer Verhaltenstherapie und einer intensiven Aufklärung sowie Unterstützung der Eltern, keine ausreichende Verbesserung des Verhaltens und der schulischen Leistungen ein, kann ein Medikament (Methylphenidat) die Therapie und Trainings so unterstützen, dass sich die Erfolge wesentlich leichter erarbeiten lassen.

Eine Abhängigkeit ist hierbei nicht zu erwarten.
Man blickt heute auf über 50 Jahre mit dem Wirkstoff Metyphenidat zurück. Das Medikament gehört zu den best erforschtesten Arzneimitteln für Kinder überhaupt.

Es ist vielmehr so, dass Jugendliche und junge Erwachsene durch ein unbehandeltes AD(H)S fallweise eine Art unbewusste Selbstbehandlung durch Cannabis oder ähnliche Drogen erleben.

Grundvoraussetzung einer erfolgreichen medikamentösen Behandlung ist eine optimale medikamentöse Einstellung. Wir beobachten, dass Einstellungen ungenau durchgeführt und nur durch Beobachtung des Verhaltens oder allgemeiner Leistungen von Eltern und Lehrern im Alltag bestätigt werden. Wir stellen nachfolgend eine Möglichkeit einer genauen medikamentösen Einstellung vor:

Medikamentöse Einstellungen mit Videounterstützung

In unserem Lern- und Therapiezentrum werden die Einstellung nach Absprache mit dem behandelnden Arzt und den Eltern immer im Beisein eines geschulten Therapeuten und mindestens eines Elternteils durchgeführt.

Jede Lernsituation wird immer unter den gleichen Bedingungen und der gleichen Tageszeit mit Hilfe von Videoaufnahmen verglichen.

Die ersten Videoaufzeichnungen beginnen ohne Medikation. In den folgenden Tagen wird die Dosierung in 2,5mg-Schritten gesteigert. Dabei findet unmittelbar im Anschluss eine Analyse der Lernsituation unter Methylphenidat statt. Die Menge des Medikaments hat dabei nichts mit dem Körpergewicht zu tun. Manche Kinder reagieren schon auf kleinste Dosierungen, so dass die Schritte noch kleiner ausfallen müssen.

Sobald der Punkt der Überdosierung erreicht wurde, tritt wieder eine Verschlechterung der Symptome ein und man geht auf die vorherige Dosierung zurück.

Der Arzt bekommt nach erfolgter medikamentöser Einstellung von uns eine genaue Verlaufsbeschreibung in Form eines Berichtes. Auf Wunsch stellen wir die dazugehörigen Videoaufnahmen vor und präsentieren die Aufgabenstellungen unter Einwirkung des Medikaments.

Beachten Sie bitte, dass halbjährliche Verlaufskontrollen wichtig sind und bei einem Arzt durchgeführt werden müssen. Dabei kann besprochen werden, ob die Medikation noch die richtige ist oder ob diese verändert oder abgesetzt werden kann.

Wir möchten Sie darüber aufklären, dass durch reine Beobachtungen im Alltag oft keine genaue medikamentöse Einstellung möglich ist und Kinder in vielen Fällen unter- oder überdosiert sind. Eine medikamentöse Behandlung führt dann nicht zu den gewünschten Ergebnissen und wird je nach Über- oder Unterdosierung als „persönlichkeitsverändernd“ oder „wirklungslos“ wahrgenommen.

Dauer der medikamentösen Behandlung

Die Behandlungszeit ist abhängig von der Entwicklung des Kindes. Da Methylphendat keine heilende Wirkung hat (AD(H)S ist schließlich keine Krankheit sondern eine genetische Besonderheit), sondern nur die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen verbessert, soll das Medikament nur so lange eingenommen werden, bis wünschenswerte Verhaltensweisen in Schul- und Alltagssituationen aufgebaut und automatisiert sind.

Genügend Automatismen sind vorhanden, wenn eine Alltagsbewältigung ohne Medikament möglich wird. In der Regel sind das zwischen 2 und 4 Jahren, wenn eine kontinuierliche begleitende Therapie stattgefunden hat. Wenn Ihr Kind keine begleitende Therapie macht, besteht die Möglichkeit, dass das Medikament länger eingenommen wird als notwendig, und dass beim Absetzen des Medikaments nicht die gewünschte Entwicklung stattgefunden hat, und die Kinder nicht das Gefühl von Selbstsicherheit durch erworbene Kompetenzen entwickelt haben.

Für Ihre Fragen zum Thema Methylphenidat oder einer medikamentösen Einstellung bei AD(H)S stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.