Lernverhalten und Sozialverhalten

Aufbau eines positiven Lern- und Sozialverhaltens

Informationen, Tipps und Möglichkeiten zur Steigerung der Motivation und Anstrengungsbereitschaft Ihres Kindes*

Eines der wichtigsten Systeme beim Lernen, egal ob in der Schule oder Zuhause, ist das menschliche Belohnungssystem. Es ist maßgeblich dafür verantwortlich, ob wir uns mit einem Thema, einer Sache, einer Person oder einer allgemeinen Handlung beschäftigen oder nicht.

Unbewusste Gefühle – ein Beispiel aus dem Alltag

Hat es Ihnen in einem Restaurant schon einmal nicht sonderlich geschmeckt? Oder haben Sie sich über ein schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis geärgert? Vermutlich würden Sie das Restaurant in Zukunft meiden, zumindest bis Sie etwas Positiveres darüber gehört haben.

Eine solche Abneigung entsteht auch über unangenehme Gerüche oder eine unangenehme Optik. Wenn die Einrichtung nicht ansprechend und sauber ist, entsteht schnell eine ablehnende Haltung, die wir nicht unbedingt konkret benennen können. Wir gehen einfach nicht mehr hin.

Ist es umgekehrt, fühlen wir uns wohl und werden ggf. zu Stammgästen. Vorausgesetzt, wir können es uns leisten, regelmäßig auswärts zu essen, und bekommen durch die entstehenden Kosten keine schlechten Gefühle, die uns dann wieder vom Besuch abhalten würden.

Oft ist es uns nicht bewusst, wodurch in uns positive oder negative Gefühle ausgelöst werden. Wir erleben sie einfach!

Gefühle in der Schule

Kinder erleiden durch Misserfolge oder fehlendes Verständnis ebenfalls schlechte Gefühle. Nicht selten unterliegen sie im Konkurrenzkampf ihren Mitschülern. Oder sie sind einfach nicht so schnell, wie es Lehrer und Eltern von ihnen erwarten.

Erwartungen nicht zu erfüllen, ist äußerst frustrierend, egal ob es die der Eltern, der Lehrer, der Mitschüler oder die eigenen sind. Erforschen Sie dazu kurz Ihre eigenen Erfahrungen.

Der Unterschied allerdings ist der, dass unsere Kinder den Unterricht nicht vermeiden können, wie Sie vielleicht das Restaurant in unserem Beispiel. Ihre Kinder erleben dadurch viel häufiger schlechte Gefühle als Sie wahrscheinlich vermuten. So entstehen starke Vermeidungsstrategien oder Widerstände der Kinder, und diese sind nicht selten hartnäckig.

Wahrnehmung und Konsequenzen

Wollen Sie diese Situation verändern, ist es notwendig, sich die bisherigen Situationen und Handlungen sowie die Gefühle Ihres Kindes bewusst zu machen.

Wir lieben unsere Kinder und wünschen ihnen das bestmöglichste Leben. Wir machen es ihnen dabei allerdings häufig zu einfach; wir schenken z. B. Computer, Konsolen, Handys und vieles mehr, ohne zu berücksichtigen, wie sich die Kinder uns oder dem Lernen gegenüber verhalten haben. Eltern ist oft gar nicht bewusst, dass sie sich dem Kind gegenüber belohnend zeigen, auch wenn es sich selbst nicht angemessen verhalten hat.

Oft unterstützen Eltern ihre Kinder auch weiterhin in Lernsituationen, obwohl diese selbst sich nicht bemühen oder auf das Lernen einlassen. Dies führt meist zu keinem nachhaltigen Erfolg und ist für Eltern sehr belastend und nervenaufreibend.
Wenn unsere Kinder nicht lieb oder erfolgreich sind, nehmen Eltern ihnen die Dinge, die sie zuvor unreflektiert geschenkt haben, wieder weg. Doch durch diese Strafe alleine finden die Kinder nicht zu notwendigen Lösungsstrategien, die sie erfolgreicher machen könnten. Und Sie werden vielleicht einräumen: In den meisten Fällen hat es keine nachhaltige Wirkung gezeigt, oder?

Erste Schritte zur Veränderung des Lern- und Sozialverhaltens

Möglichst viele der nachfolgenden Punkte sollten in jeder Lernsituation berücksichtigt werden. Je mehr, desto größer der Erfolg:

  • Zwischen Ihnen und Ihrem Kind sollte eine möglichst hohe Beziehungsqualität bestehen. Konflikte, Stress oder Strafandrohungen vermindern die Lernbereitschaft.
  • Überfordern Sie Ihr Kind nicht mit zu schweren Lerninhalten; der Lernstoff soll für Ihr Kind gut zu bewältigen sein. Das ist nicht zu jeder Zeit unbedingt das Pensum, das in der Schule von Ihrem Kind erwartet wird.
  • Vermeiden Sie lange Lerneinheiten, lieber kürzere, dafür häufiger und regelmäßiger. Ihr Kind sollte nicht in die Müdigkeit hineinarbeiten, da hierdurch auch schlechte Gefühle ausgelöst werden.
  • Achten Sie immer auf das Lernverhalten! Nur wer mit der richtigen Einstellung lernt, wird zukünftig erfolgreich lernen. Stecken Sie sich kleine Etappenziele und belohnen Sie diese angemessen. Zeigt sich Ihr Kind anstrengungsbereit, sollte diese Bereitschaft zur Leistung schon belohnt werden. Auf Dauer wird sich der inhaltliche Erfolg einstellen. Sehen Sie positives Verhalten nicht als selbstverständlich an; letztendlich strafen Sie Ihr Kind sogar, wenn Sie sich positiven Verhaltensweisen gegenüber gleichgültig zeigen. Sie mindern dadurch die Beziehungsqualität.
  • Sichern Sie dem Kind inhaltliche Erfolge indem Sie nicht zu schnell vorgehen. Wenn Ihr Kind Gelegenheit zur angemessenen Wiederholung bekommt, wird es den Lernerfolg selbst erleben und sich in Zukunft besser auf das Lernen einlassen. Die beste Strategie ist eine regelmäßige Wiederholung des gleichen Inhaltes. Um dies zu gewährleisten ist ein Wochenarbeitsplan hilfreich.
  • Nachhaltig können Sie nur über einen Zeitraum von 6-12 Monaten eine Veränderung der Leistungsbereitschaft erarbeiten. Sollte Ihr Kind versetzungsgefährdet sein, kann über Nachhilfe und Druck zwar eine Leistungsverbesserung erreicht werden, langfristig wird sich das Kind aber nicht von selbst mehr anstrengen.
  • Belohnen Sie nicht die guten Noten mit 5 Euro, sondern geben Sie lieber 25 Cent (im übertragenen Sinne) für jede Lerneinheit mit guter Anstrengungsbereitschaft und geringen Widerständen.
  • Legen Sie vor jeder Lerneinheit die Verhaltensziele fest. Diese sollten erst verändert oder erweitert werden, wenn die Kinder diese verinnerlicht haben und Sie eine gewisse Leichtigkeit im Umgang mit den Zielen und dem Kind verspüren. Legen Sie aber niemals mehr als 2-3 Ziele auf einmal fest. Langfristig können Sie jede Menge Ziele erarbeiten.
  • Beachten Sie die Regeln:
    • Lernverhalten geht vor Inhalt
    • Inhalte so häufig wiederholen, bis sich Sicherheit einstellt

Pädagogisch angemessene Belohnungen

Bindung ist die Grundlage allen Lernens!

Zunächst sollten Sie sich bewusst werden: Je höher die Beziehungsqualität, desto weniger materielle Belohnungen werden die Kinder einfordern.

Sollte Ihr Kind also materiell sehr fordernd sein, sollten Sie unbedingt zunächst die Bindung prüfen. Bindung nutzt sich nicht ab, also sparen Sie nie am Lob, werden Sie nicht müde sich über jede kleine Entwicklung und Verbesserung Ihres Kindes zu freuen. Unsere Kinder sollten vor allem das Gefühl haben, auch ohne Leistung geliebt zu werden. Dies hängt besonders davon ab, wie sehr Sie sich über Ihr Kind freuen können und wie viel Respekt Sie dem Kind geben oder von ihm erhalten.

Möglichkeiten der Belohnung

Haben Sie keine Angst davor, Belohnung etwas bewusster einzusetzen. Dies widerspricht nicht dem oben genannten Prinzip, solange die Beziehungsqualität stimmt. Auch werden Sie schnell feststellen, dass nicht jede Belohnung oder negative Konsequenz von Nutzen ist. Wenn Sie z. B. androhen, einen geplanten Ausflug abzusagen, sollten Geschwister nicht zu häufig darunter leiden.

  • Gemeinsame Zeit

    Spielen Sie mehr mit Ihrem Kind. Sie verbringen dadurch mehr Zeit und steigern die Beziehungsqualität. Seien Sie sich aber bewusst, dass es diese Belohnung nur geben darf, wenn das Kind Ihr Verhaltensziel auch erreicht hat und freundlich sowie respektvoll mit Ihnen umgegangen ist.

  • Lose ziehen

    Lassen Sie das Kind nach jeder positiven Lerneinheit ein Los ziehen. Auf den Losen sollten Wünsche des Kindes stehen. Besprechen Sie sich zuvor mit Ihrem Kind, um seine Interessen herauszufinden. Sind die Wünsche zu teuer? Kein Problem! Schreiben Sie z. B. Kinogutschein auf ein größeres Blatt und lassen evtl. etwas mehr Abstand zwischen den Buchstaben. Nun schneiden Sie den Gutschein in so viele Teile, wie Sie für angemessen halten. Ihr Kind kann den Gutschein wie ein Puzzle zusammenkleben. Es ergeben sich unendlich viele Möglichkeiten der Belohnung. Sie werden sich wundern, denn viele Kinder sind mit viel weniger zufrieden als Sie denken.

  • Technik, ein häufiger Konflikt zwischen Eltern und Kindern

    Technische Vergnügen, egal ob Computerspiele, Hörspiele oder TV, sind nicht grundsätzlich schlecht, unsere Kinder wachsen damit auf. Der Technikkonsum sollte aber nicht grenzenlos zugelassen werden. Prüfen Sie die Spiele und teilen Sie die Zeiten ein. Dies eröffnet Ihnen neue Belohnungsmöglichkeiten.

    Erhöhen Sie die Spielzeiten an Computer, Konsole, Tablett und Smartphone je nach Anstrengungsbereitschaft beim Lernen oder machen Sie die Spielzeiten sogar komplett abhängig von den Lernzeiten. Beispiel: 10 Lernminuten haben einen Wert von 5 Spielminuten.

Es ist nicht immer wichtig, welche Belohnungen wir für wertvoll erachten. Es ist wichtig, dass sie die Kinder begeistern. Finden Sie das richtige Maß gemeinsam mit Ihren Kindern.

Sollte Ihr Kind trotz anhaltender Bemühungen die Lernbereitschaft verweigern, liegt wohlmöglich eine Lernstörung vor, vielleicht aufgrund zu vieler negativer Erfahrungen.

Die Verhaltenstrainer des Bonner Lern- & Therapiezentrums sind durch gezielte Maßnahmen in der Lage, Schüler aus dieser frustrierenden Situation herauszuführen.

Sprechen Sie uns an. Eine Lernstörung ist für gewöhnlich gut zu beheben, wenn Eltern und/oder Lehrer, Trainer und Kind vertrauensvoll zusammenarbeiten.

Wir freuen uns immer über Ihre Rückmeldung und Fragen.

Ihr Team vom Bonner Lern- & Therapiezentrum

*Unsere Hinweise bieten allgemeine Lösungsstrategien. Diese ersetzen kein professionelles Training bzw. keine Therapie. Bei komplexeren Fragen schicken Sie uns eine E-Mail. Wir werden Sie gerne beraten oder an professionelle Hilfe vermitteln.